Nach dem Ausverkauf bei Bitcoin & Co. – sollten Anleger jetzt einsteigen? Unser Interview in den Deutschen Wirtschaftsnachrichten

Nach dem Ausverkauf bei Bitcoin & Co. – sollten Anleger jetzt einsteigen?

Lohnt sich ein Einstieg in Kryptowährungen nach dem Ausverkauf wieder? Ein Experte gibt eine differenzierte Antwort.

Fast 69.000 US-Dollar, so viel war der Bitcoin am 8. November 2021 wert. Das ist noch nicht einmal ein Jahr her. Inzwischen notiert die führende Internetwährung bei rund 19.300 Dollar. Das entspricht einem Minus von rund 72 Prozent.

Ähnlich hoch und zum Teil sogar noch deutlicher fielen die Verluste bei anderen bekannten Kryptowährungen wie Ether oder Solana aus. Doch scheint dies dem Interesse an den virtuellen Recheneinheiten keinen Abbruch zutun. Immerhin ist hierzulande laut dem Statistikportal Statista jeder Zehnte zwischen 18 und 64 Jahren in Kryptowährungen investiert. Und eine Umfrage von Opinium im Auftrag des ETF-Anbieters WisdomTree unter 1.001 Erwachsenen im Alter von 18 bis 30 Jahren kam zu dem Ergebnis, dass mit 27 Prozent mehr junge deutsche Erwachsene in Kryptowährungen investieren als in Anlagekonten, die nur 25 Prozent nannten.

Trotz der massiven Kursverluste scheint das Interesse an Bitcoin und Co.
unter Anlegern also immer noch beträchtlich zu sein. „Und das ist auch wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, welche sagenhaften Gewinne damit in der Vergangenheit erzielt werden konnten“, sagt Klaus Porwoll, Gründer und Inhaber der unabhängigen Honorar-Finanzberatung PecuniArs aus Berlin.

Denn auch wenn der Bitcoin stark an Wert verloren hat, liegen Anleger, die im Herbst 2020 eingestiegen sind, immer noch mit etwa 100 Prozent im Plus. Und wer Ethereum vor drei Jahren kaufte, kommt trotz des massiven Kurseinbruchs in diesem Jahr noch immer auf einen Zuwachs von mehr als 600 Prozent. „Diese Wertzuwächse dürften ein Grund sein, warum sich viele Anleger jetzt, auf dem niedrigeren Niveau, Kryptowährungen verstärkt ansehen“, folgert der Experte.

Keine laufenden Erträge und sehr volatil

„Allerdings“, warnt Porwoll, „sollte man sich einiger Besonderheiten, die die virtuellen Recheneinheiten aufweisen, bewusst sein.“ Ein Unterschied zu Aktien, Anleihen oder Immobilien ist, dass Kryptowährungen keine laufenden Erträge abwerfen. „Anleger bekommen hier, wie bei Gold, keine Zinsen, Dividenden oder Mieteinnahmen“, erklärt er. „Es fehlt folglich der Cashflow und damit auch ein Mittel, um zu beurteilen, ob eine Kryptowährung teuer, günstig oder fair bewertet ist.“ Das heißt auch, dass Anleger, die Bitcoin oder eine andere Internetwährung erwerben, nur darauf hoffen können, dass ihnen diese zu einem späteren Zeitpunkt jemand zu einem höheren Kurs wieder abkauft.

„Für den gezielten langfristigen Vermögensaufbau eignen sich Internetwährungen deshalb und aufgrund der hohen Kursschwankungen derzeit nur bedingt“, sagt der Anlageexperte. Dazu gilt es laut Porwoll noch zwei weitere wichtige Beobachtungen zu berücksichtigen: „So boten Internetwährungen keinen Schutz vor der zuletzt stark gestiegenen Inflation und auch keinen wirklichen Diversifikationseffekt für das Portfolio, weil sie in diesem Jahr parallel zu den Aktien- und Anleihemärkten einbrachen.“

Auch gelte es zu berücksichtigen, dass immer wieder regulatorischen Maßnahmen bezüglich der Kryptowährungen im Raum stehen. „Auch ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals kann deshalb nicht ganz ausgeschlossen werden“, warnt der erfahrene Vermögensverwalter.

Maximal zehn Prozent des Portfolios

Demgegenüber steht allerdings auch die Chance, auf Werterhalt oder sogar Kursgewinne. Schließlich sehen viele Experten in den virtuellen Recheneinheiten durchaus ein Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel der Zukunft. Letzteres gilt zum Beispiel vor allem für den Bitcoin, dessen Anzahl begrenzt ist und der deshalb häufig mit Gold verglichen wird.

Dagegen steht hinter der Kryptowährung Ether das Ethereum-Netzwerk, an dem tausende von Entwicklern arbeiten und Aktien, Anleihen und Sachwerte als Tokens begeben werden. Weil für die Transaktionen die Währung Ether verwendet wird, sollte deren Wert steigen, wenn die Plattform wächst.

„Für Anleger, die sich der genannten Risiken bewusst sind, kann eine Beimischung im Portfolio deshalb durchaus überlegenswert sein“, sagt Porwoll. Möglichkeiten, dort zu investieren, gibt es inzwischen auch reichlich. Neben dem direkten Erwerb der einzelnen Kryptowährungen gibt es Fonds, die dort investieren, oder Exchange Traded Products, die die Kursentwicklung einer einzelnen Internetwährung oder von einem Korb verschiedener virtueller Recheneinheiten abbilden. „Ob man Bitcoin oder eine andere Internetwährung selbst besitzen möchte oder nur auf einen Preisanstieg setzt, hängt letztlich dann vom individuellen Anlegerprofil ab“, meint der erfahrene Honorarberater. „Allerdings sollte man auf keinen Fall mehr als zehn Prozentin Kryptowährungen investieren.“

Autor: Klaus Porwoll
Diese Artikel wurde am 15.09.2024 auf Deutsche Wirtschafts Nachrichten veröffentlicht.

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