Familiäre Vermögensplanung: Wie im Handwerk aufgebautes Kapital erhalten bleibt – unser Interview mit dem handwerker magazin

Familiäre Vermögensplanung Wie im Handwerk aufgebautes Kapital erhalten bleibt (1)

Wer einen Handwerksbetrieb führt, denkt oft in Generationen. Der Betrieb ist mehr als ein Unternehmen – er ist Lebenswerk, Verantwortung und familiäres Erbe. Doch genau hier liegt auch die Herausforderung: Was geschieht mit dem aufgebauten Vermögen? Wie bleibt es erhalten – und wie kann es so weitergegeben werden, dass die familiäre Vermögensplanung verbindet statt trennt?

Familiäre Vermögensplanung ist keine trockene Zahlenarbeit. „Sie ist ein sensibler, oft emotionaler Prozess – und genau deshalb so entscheidend“, sagt Financial Planner Klaus Porwoll, Inhaber der PecuniArs Gesellschaft für strategische Anlageberatung GmbH aus Berlin. Und sie umfasst weit mehr als Steueroptimierung oder Anlageberatung. Sie bedeutet: Vermögen im Einklang mit den Werten, Zielen und Lebenswegen einer Familie aufzubauen, zu schützen und weiterzugeben. Dazu gehören:

  • Rechtliche und steuerliche Strukturierung
  • Individuelle Risikobetrachtung
  • Einbindung der nächsten Generation – und ihrer Ziele
  • Berücksichtigung familiärer Dynamiken und emotionaler Spannungen

„Besonders im Handwerk, wo Betriebs- und Privatleben oft untrennbar miteinander verwoben sind, ist eine ganzheitliche Sichtweise notwendig“, weiß Porwoll. Nur so kann die ganze Familie den Betrieb und das Vermögen als verbindendes Element sehen – und nicht als Belastung.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für familiäre Vermögensplanung im Betrieb?

„Viele Unternehmer starten erst, wenn ein konkreter Anlass sie dazu zwingt: Verkauf, Scheidung, Krankheit oder Nachfolge. Doch wer dann erst beginnt, hat meist wenig Spielraum – und viel zu verlieren“, warnt der Anlageberater. Er rät, nicht aus Anlass, sondern aus Verantwortung zu planen. Denn wer früh plane, sichere sich Flexibilität, Stabilität und Zukunft.

Die Familie: Mehr Chance als Konflikt, wenn sie richtig eingebunden wird

In Handwerksbetrieben ist die Familie oft mittendrin – nicht nur emotional, sondern auch operativ. Wenn Tochter oder Sohn mitarbeiten, die Partnerin die Mitarbeiterführung und die Buchhaltung übernimmt und der Großvater noch Mitgesellschafter ist, treffen Welten mit sehr unterschiedlichen Einstellungen und Erfahrungshorizonten aufeinander.

„In solchen Konstellationen fehlen häufig die klare Rolleneinteilung, offene Gespräche und ein gemeinsames Verständnis von Gerechtigkeit. Ohne diese Grundlagen kann Vermögen zur Belastung werden – anstatt zur gemeinsamen Chance“, weiß Porwoll.

So gelingt der Vermögensübergang

Damit das Vermögen gut und im Einvernehmen mit allen Beteiligten übergehen kann, braucht es eine Struktur. Eine gute Checkliste zum Abarbeiten ist die folgende:

  • Frühzeitige Gespräche über Ziele, Rollen und Wünsche
  • Eine klare Trennung von Betriebs- und Privatvermögen
  • Nutzung steuerlicher Vorteile wie Freibeträge oder Begünstigungen für Betriebsvermögen
  • Passende Rechtsformen wie Familiengesellschaften oder Holdingstrukturen

Was macht ein gut strukturiertes Familienvermögen aus?

„Das „optimale“ Familienvermögen gibt es nicht – aber es gibt klare Prinzipien, die es stabil und zukunftsfähig machen“, erklärt Klaus Porwoll. Dazu gehören:

  • Diversifikation (Immobilien, liquide Mittel, Unternehmensanteile, Kapitalanlagen)
  • Steuerlich effiziente Struktur (bei größeren Betrieben und Vermögen z. B. Holding, Stiftung)
  • Transparente Eigentumsverhältnisse
  • Flexibilität für Investitionen, Schenkungen oder Nachfolge

Porwoll findet es wichtig, dass das Vermögen zur Lebensrealität der Familie passt – nicht umgekehrt.

Diversifikation: So schützen Unternehmerfamilien ihre familiäre Vermögensplanung langfristig

Gerade im Handwerk ist das Vermögen oft stark im Betrieb gebunden. „Umso wichtiger ist es, es gezielt zu streuen“, ist Porwoll überzeugt. Wie das gelingen kann, erklärt er in Stichpunkten:

  • Kapitalanlagen neben dem Betrieb
  • Private Immobilien getrennt von Betriebsvermögen
  • Rücklagen für Investitionen und Liquiditätsengpässe
  • Ergänzende Anlagen wie Fonds oder Sachwerte

Die Streuung auf verschiedene Anlageklassen sorgt dafür, dass kein Klumpenrisiko entsteht und stellt das Familienvermögen auf viele Beine.

Vermögensübergang gestalten, nicht erdulden

Der Übergang von Vermögen – ob durch Nachfolge, Schenkung oder Erbschaft – ist einer der sensibelsten Schritte. Wer hier steuerlich unvorbereitet ist, riskiert hohe Verluste. Worauf Unternehmer besonders achten sollten, erklärt der Anlageexperte so: „Nutzen Sie die Freibeträge alle zehn Jahre, machen Sie eine langfristige Übergabeplanung, in die Sie die Nachfolgegeneration einbinden und lassen Sie einen Anwalt prüfen, ob Sie das Gesellschafts- und Familienrecht optimal berücksichtigen.“

Holding, Stiftung, Trust – für wen lohnt sich welche familiäre Vermögensplanung?

„Solche Konstrukte sind kein Selbstzweck – aber bei größeren Vermögen und komplexen Familiensituationen extrem hilfreich“, informiert Porwoll. Allerdings benötigen Unternehmer für diese Konstruktionen immer die Unterstützung von erfahrenen Fachleuten, also Anwälten und Steuerberatern.

Diese Fehler kosten oft Vermögen – und Vertrauen

Die typischen Fehler, die familiäre Vermögensplanung betreffend, sind folgende:

  • Zu spätes Handeln
  • Keine klare Trennung von Privat- und Betriebsvermögen
  • Steuerliche Potenziale ungenutzt
  • Fehlende Kommunikation in der Familie
  • Keine Einbindung der nächsten Generation
  • Einseitige Entscheidungen ohne neutrale Beratung

„Familiäre Vermögensplanung ist mehr als ein Excel-Sheet – sie braucht Struktur, Feingefühl und Dialog“, fasst Porwoll zusammen.

Tipp: Beginnen Sie die familiäre Vermögensplanung mit einem Gespräch – nicht mit Zahlen

„Der erste Schritt bei der Vermögens- und Nachfolgeplanung ist nicht die Excel-Tabelle – sondern ein ehrliches, offenes Gespräch in der Familie: Wofür ist das Vermögen da? Was soll es ermöglichen? Wer trägt Verantwortung?“, sagt Porwoll. Er nennt drei Schritte zur erfolgreichen Planung:

  1. Bestandsaufnahme: Vermögen, Strukturen, Familiendynamik analysieren
  2. Zielklärung: Was soll das Vermögen leisten – heute und in Zukunft?
  3. Professionelle Begleitung: Steuerberater, Juristen, Vermögensberater, ggf. auch Moderatoren

Fazit: Wer heute klug plant, schützt morgen, was zählt

„Familiäre Vermögensplanung ist kein Luxus – sie ist eine Notwendigkeit für alle, die Verantwortung tragen“, wirbt Porwoll für einen geordneten Übergang von Betrieb und Vermögen. Wer sich frühzeitig damit befasse, schütze nicht nur sein Vermögen – sondern vor allem das, was dahintersteht: Beziehungen, Vertrauen, Generationen.

Autorin: Yvonne Döbler
Dieser Artikel wurde am 23.07.2025 auf handwerk-magazin.de veröffentlicht.